Haushaltsrede 2024 vom Fraktionsvorsitzenden Peter Heepmann
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren!
Mein Dank für die geleistete Arbeit in der Verwaltung zum Haushalt 2024 geht zuerst an unsere Kämmerin Sabine Lindhorst und unseren Bürgermeister Dirk Becker. Ebenfalls zu Dank verpflichtet sind wir den Fachbereichsleitern Marcel Jagnow, Sven Heitländer, Marc Plaßmann, Thomas Reimeier und ihren Mitarbeiter*innen, die sich in der Detailarbeit entscheidend mit eingebracht haben.
Ursprünglich war geplant, wie auch in den vorherigen Jahren einen Doppelhaushalt für die Jahre 2024/2025 aufzustellen und zu beschließen. Ein Doppelhaushalt bietet viele Vorteile: Es herrscht Verlässlichkeit über die politischen und finanziellen Rahmenbedingungen für die nächsten zwei Jahre. Maßnahmen und Projekte können konsequent umgesetzt werden. Dieses Jahr ist das zu meinem großen Bedauern anders. Heute wird „nur“ der Haushalt 2024 verabschiedet! Aufgrund der stark gestiegen Ausgaben (ich weise beispielhaft auf die Erhöhung der Kreisumlage, sowie die gerechtfertigten Lohnerhöhungen hin) drohte bei unveränderter Einnahmensituation im vergangenen Herbst die Haushalssicherung! Das galt es zu vermeiden.
Bei der Analyse des Haushaltes wird eines schnell deutlich: Viel bleibt nicht zu verteilen. Unser jährliches verfügbares Budget beläuft sich auf 36 Millionen Euro und doch ist für freiwillige, konsumtive Ausgaben wenig Spielraum. Kreisumlage, Pflichtaufgaben, Personalkosten und Abschreibungen binden die meisten Mittel, da bleibt wenig bis nichts übrig.
An dieser Stelle könnte ich nun meine Haushaltsrede mit einem Satz beenden. Da die Kreisumlage doch nicht so stark wie befürchtet gestiegen ist, die freiwilligen Leistungen um 25 Prozent gekürzt werden und die Vorjahresabschlüsse, besser als geplant ausgefallen sind, sind wir noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen. Stadtentwicklung findet allerdings nicht mehr statt, geplante Projekte sind auf Eis gelegt. Und solange sich weder Land noch Bund ernsthaft um die finanzielle Notlage der Kommunen Gedanken machen, wird sich auch nichts ändern! Ich spare mir hier und heute weitere Details.
STOP, das kann und ist nicht unsere Politik, die Politik der SPD Oerlinghausen, meiner Partei! Trotz aller finanzieller Probleme sehen wir positiv nach vorn! Wir entwickeln Oerlinghausen, mit Blick auf eine moderne, lebenswerte, klimafreundliche, und bildungsorientierte Kommune weiter. Darin ist unsere rote Linie seit Jahren erkennbar.
„Schule, Kinder und Jugend hat Vorfahrt“, das galt und gilt weiter für uns!
Der Grundschulverbund ist gut aufgestellt. In Lipperreihe ist der dortige Standort für die Zukunft fit gemacht worden, kleine Instandhaltungsmaßnahmen finden kontinuierlich statt. Der Grundschulneubau in der Südstadt erfreut sich großer Beliebtheit bei den Schulkindern und den Lehrkräften. Die Außenanlagen wurden letztes Jahr fertig gestellt. Es ist eine zeitgemäße und hochmoderne Bildungseinrichtung entstanden.
Jetzt ist die Grundschule Helpup dran: Um die Raumnot zu beseitigen und eine Verbesserung der Lernlandschaft zu gewährleisten, wird es innovative Modernisierungsmaßnahmen und einen Teilneubau geben. Im Haushalt sind hierfür die notwendigen Mittel eingeplant.
Im Schulzentrum Oerlinghausen besteht weiterhin ein Renovierungs- und Modernisierungsstau in Millionenhöhe. Für bessere, gleiche Bildungschancen unserer Kinder gilt es diesen aufzulösen. Gemeinsam mit der CDU und der FDP haben wir dazu den Weg für ein umfängliches Entwicklungskonzept freigemacht. Dabei müssen wesentliche Aspekte für die weiteren elementaren Entscheidungen begutachtet werden: Die Schülerentwicklungszahlen für beide weiterführenden Schulen und die vollumfänglichen Kosten für die Verbesserung des gesamten Lernumfeldes.
Auch alternative Lösungen wie Neubau oder Teilneubau müssen dabei untersucht werden. Ein Neubau ist möglicherweise langfristig kosteneffizienter und besser auf die Bedürfnisse der Schüler und Lehrkräfte zugeschnitten.
Im Herbst sollte die Politik nach Möglichkeit entscheiden können, welcher Weg weiterverfolgt wird: Renovierung, Teil- oder Neubau. Dabei gilt: Die Südstadtgrundschule muss unser neuer Standard sein!
Renovierungsarbeiten bis dahin mit Augenmaß und Weitsichtigkeit durchzuführen. Dabei kann im Zweifel auch ein konstruktives Gespräch mit der Bezirksregierung hilfreich sein.
Der aktuelle Medienentwicklungsplan wurde per Antrag der SPD 2017 angestoßen, zuletzt vor vier Jahren fortgeschrieben und mit einem 5 Millionen Euro Budget ausgestattet. Nun ist dafür Sorge zu tragen, dass dieser Medienentwicklungsplan lückenlos fortgeführt wird. Schulen und Verwaltung sind dazu im Gespräch!
Als richtig hat sich gezeigt, die offene Kinder- und Jugendarbeit durch die Stadt zu betreiben. Das sich neu gefundene Team um Dirk Frommann leistet eine gute Jugendarbeit und genießt eine große Beliebtheit und Akzeptanz bei den Jugendlichen.
Mit Bedauern mussten wir Ende des vergangenen Jahres feststellen, dass das Projekt „OerliJugend“ vorerst gescheitert ist. Daran tragen wir – Politik und Verwaltung –Mitschuld! Schlechte Satzung, unzulängliche Räumlichkeiten, wenig Gestaltungsspielraum für die Jugendlichen sind beispielhaft zu nennen! Jugend und Demokratie brauchten Freiräume! Jetzt sollte ein guter Neustart gelingen. Wo wir helfen können und sollen, werden wir das tun!
Wir sind die Stadt des Sportes, des Ehrenamtes.
Wir danken ausdrücklich allen Vereinen – nicht nur den Sportvereinen – für ihr ehrenamtliches Engagement und der Förderung ihrer jungen Vereinsmitglieder. Dabei übernehmen sie eine wichtige gesellschaftspolitische Aufgabe. Das gleiche gilt für unsere freiwillige Feuerwehr.
Das Sporthäuschen in Helpup befindet sich weiterhin in einem katastrophalen Zustand. Bereits vor zwei Jahren hatten wir uns eindeutig für den Neubau des Sporthäuschens ausgesprochen – auch ohne Fördergelder! Nachdem nun drei Förderanträge erfolglos waren, ist es folgerichtig, endlich bei der TuS Wort zu halten! Das Spothäuschen wird auch ohne Förderung gebaut! Die Mittel dazu sind im Haushalt abgebildet.
Der öffentlich zugängliche Kunstrasenplatz am Kalkofen bleibt in der öffentlichen Diskussion. Für uns ist es unverzichtbar, dass der Platz auch weiterhin tagsüber offenbleibt. Ob gegen Vandalismus ein teurer hoher Zaun (dafür sind 140.000 € im Haushalt eingeplant) der richtige Weg ist, muss in den nächsten Monaten noch mal genau eruiert werden. Die Möglichkeit, den Rasenplatz am Gymnasium stärker mit in den Spielbetrieb einzubeziehen, kann die bessere Alternative sein. Wir haben dazu im letzten Jahr erste Gespräche geführt. Nun sind die Verwaltung und die Fußballabteilung des TSV am Zuge.
Wir alle freuen uns auf unser neues, modernes Freibad! Seit Beginn des menschenverachtenden Überfalles auf die Ukraine, ist es zu massiven Kostensteigerungen gekommen – auch im Bäderbau! Die bereitgestellten Mittel aus dem „Städtebauförderprogramm“ müssen nun aufgestockt werden! Zusammen mit der neuen, ganz hervorragenden Klimaerlebniswelt – ein einmaliges Leuchtturmprojekt für die Stadt und den Kreis Lippe -, dem Archäologischen Freilichtmuseum, dem Naturschutzgroßprojekt und einer hervorragenden Wanderinfrastruktur entsteht so ein einzigartiges Ensemble zum Bilden und Erholen!
Hiervon wird auch der Tourismus weiter profitieren! Luftkurort Oerlinghausen ist auf den Weg gebracht. Die Mittel im Haushalt sind dafür gut angelegt. Was fehlt ist ein neues Hotel – es bleibt zu wünschen, das mögliche Investoren das Potential von Oerlinghausen endlich erkennen.
Und unsere Stadtwerke sind immer und überall mit dabei
Bei Baumpflanzaktionen, beim Hallen- und Freibad, beim Ausbau von E-Ladestationen oder unsere Netzinfrastruktur für eine klimaneutrale Energiewende. Dies erfordert erhebliche finanzielle Mittel, um unsere Stadtwerke nachhaltig und zukunftssicher aufzustellen. Hierüber müssen wir uns zeitnah verständigen.
Stadtentwicklung und Klimaschutz gehören fest zusammen.
Auf unseren Antrag wurde 2019 der Klimanotstand in Oerlinghausen ausgerufen. Folgerichtig wurden und werden Maßnahmen diskutiert und sukzessive umgesetzt.
So entstanden zum Beispiel in den vergangen beiden Jahren 36 neue, durch die Stadt geförderte Photovoltaikanlagen. Daher haben wir gemeinsam mit der CDU und der FDP – trotz schwieriger Haushaltslage – beschlossen, das Förderprogramm für mindesten zwei weitere Jahre fortzuführen. Ergänzt um die Förderung von Balkonkraftwerken. So können auch Mieter zur Klimawende beitragen.
Leider ist der Radwegeausbau – trotz aktuellem Radwegekonzeptes – ins Stocken geraten und wurde anfangs nicht monetär im Haushalt berücksichtig. Die SPD Fraktion konnte letztendlich 20.000 € für Planungskosten gegen den anfänglichen Widerstand der anderen Fraktionen durchsetzen. Mittel für weitere Radfahrstreifen wurden von keiner anderen Fraktion befürwortet. Ich darf an dieser Stelle auf unsere Anträge pro Radfahrstraßen hinweisen, die in vielen Städten mittlerweile selberverständlich sind! Ernsthafte Unterstützung aus allen anderen Fraktionen haben wir vermisst.
Eine flächendeckende Tempo-30-Regelung in allen Stadtteilen gestaltet sich weiterhin als sehr schwierig. Da fehlt es an dem politischen Willen in Berlin, vorrangig der FDP. Nachdem ich bereits in meiner Haushaltsrede 2022 angekündigt hatte, dass auf der Detmolder Straße zeitnah Tempo 30 Schilder aufgestellt werden, mussten wir noch fast zwei Jahren warten. Ich hoffe, dass Straßen NRW bei der Zeppelinstraße schneller arbeitet. An den notwendigen Mittel für Tempo 30 Schilder wird es wohl nicht scheitern!
Eine vor zwei Jahren von uns angestoßene Idee, die Kernstadt aufzuwerten trägt mit einem neuen Sommerangebot (Kaffee und Kuchen) auf dem Simonsplatz erste Früchte.
Ich komme zu Schluss:
Wir haben uns ehrgeizige Ziele gesetzt. Der heute zur Abstimmung stehende Haushalt vermeidet die Haushaltssicherung und sieht erneut keine Steuererhöhungen vor. Er bietet Spielraum für Schul-/ Stadtentwicklung: Das ist wichtig und richtig! Das erfordert Mut für verantwortungsbewusste, finanzielle Maßnahmen. Ein besseres Jahresergebnis im Nachhinein zu feiern ist schön, bringt uns aber langfristig nicht voran.
Verzagen, meckern, Besserwisserei, prokeln im klein-klein, Unterstellungen gegenüber der Verwaltung helfen ebenfalls nicht weiter. Gute Politik muss Visionen haben, sie entwickeln und umsetzen. Immer auf Augenhöhe und im positiven Diskurs mit allen Bürger*innen. So bewahren wir unsere – oft als selbstverständlich angesehene – Demokratie und Freiheit für uns und unsere Kinder.
Wir stimmen den heute von der Kämmerin Frau Lindhorst eingebrachten Haushalt 2024 zu.
Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Peter Heepmann
SPD Fraktionsvorsitzender